Kommunales Monitoring zu Hass, Hetze und Gewalt gegenüber Amts- und Mandatsträgern und -trägerinnen

Prognose Diagramm

Das Bundeskriminalamt (BKA) führt in Zusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbänden im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Bundesministerium des Innern und für Heimat geförderten Forschungsprojektes ein Monitoring durch, dass das Ausmaß von Hass, Hetze und Gewalt gegen kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger erfasst.

Der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt unterstützt die regelmäßigen Befragungen.

Die Forschungsstelle des Bundeskriminalamtes hat nunmehr die Ergebnisse des „Kommunalmonitorings“ aus der Herbstbefragung 2023 bekannt gegeben. Das Kommunalmonitoring wird halbjährlich seit dem Herbst 2021 abgefragt und veröffentlicht. An der 5. Befragungswelle haben über 2.000 Kommunalpolitiker aus ganz Deutschland teilgenommen.

Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Betroffenheit

38 Prozent der Befragten gaben an, innerhalb des Referenzeitraumes (Mai bis Oktober 2023) Anfeindungen gegen ihre Person erlebt zu haben. 8 Prozent der Befragten gaben an, dass Familienangehörige von Anfeindungen betroffen waren. Frauen und Männer waren gleichermaßen von Anfeindungen betroffen (37 Prozent / 39 Prozent). Frauen waren jedoch signifikant stärker von Hasspostings, sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt betroffen als Männer. Auch Familienangehörige weiblicher Amtspersonen wurden signifikant häufiger angefeindet als männliche Amtspersonen (12 Prozent / 8 Prozent).

Ehrenamtliche Personen waren deutlich stärker von verbalen und schriftlichen Anfeindungen betroffen als Hauptamtliche (78 Prozent / 68 Prozent). Hauptamtliche Personen dagegen waren mehr von Hasspostings (digitaler Raum) betroffen als ehrenamtliche Personen (29 Prozent / 19 Prozent).Amtspersonen in den östlichen Bundesländern sind dabei stärker betroffen als in westlichen Bundesländern. Jüngere Amtspersonen (bis 40 Jahre) waren stärker betroffen als ältere Amts- und Mandatsträger und -trägerinnen.

Anfeindungskategorien

Bei den Vorfällen handelt es sich überwiegend um verbale und schriftliche Anfeindungen (72 Prozent), Hasspostings im Netz (26 Prozent) und tätliche Übergriffe (2 Prozent). Hasspostings und verbale sowie schriftliche Anfeindungen werden im Durchschnitt ein bis zwei Mal im Monat erlebt. In 36 Prozent lagen eine Verleumdung und üble Nachrede, in 31 Prozent eine Bedrohung und Nötigung, in 12 Prozent eine Diskriminierung, in 6 Prozent eine Volksverhetzung, in 4 Prozent eine soziale Ausgrenzung, in 4 Prozent eine Sachbeschädigung, in 3 Prozent Stalking oder Nachstellung und in 1 Prozent eine Erpressung und Körperverletzung vor. Ehrenamtliche Personen waren signifikant stärker von Körperverletzung betroffen als hauptamtliche Personen.

Rahmen und Orte der Anfeindung

Ehrenamtliche Personen wurden signifikant häufiger von Angesicht zu Angesicht (42 Prozent / 20 Prozent) und per Anruf (7 Prozent / 3 Prozent). Hauptamtliche Personen wurden signifikant häufiger per Brief (14 Prozent / 9 Prozent), per Mail (20 Prozent / 12 Prozent) und in den sozialen Netzwerken (43 Prozent / 30 Prozent) angefeindet.Ehrenamtliche Personen wurden signifikant häufiger zu Hause (16 Prozent / 8 Prozent), in der Freizeit (34 Prozent / 11 Prozent) und auf einer öffentlichen Veranstaltung/am Wahlkampfstand (24 Prozent / 15 Prozent) angefeindet. Hauptamtliche Personenwurden signifikant häufiger auf der Arbeit/in den Diensträumen (66 Prozent / 26 Prozent) angefeindet. Den Betroffenen waren die Täter des letzten Vorfalls in 78 Prozent der Fälle bekannt und in 22 Prozent der Fälle unbekannt.

Vermutete Motivation

23 Prozent der Betroffenen geben die persönliche Unzufriedenheit und Frustration des Bürgers als Motivation für die Anfeindungen an. 18 Prozent sagen, es sei die Unzufriedenheit mit kommunalen Entscheidungen, 14 Prozent die Intoleranz und Unfähigkeit Konflikte auszutragen, 14 Prozent gehen davon aus, dass es Egoismus und Anspruchsdenken sei. 12 Prozent glauben, es sei die Uninformiertheit bzw. das Nicht-Wissen über politische Prozesse/Rolle des Bürgermeisters. 7 Prozent antworten, dass der Vorfall rechtsmotiviert gewesen ist, 6 Prozent gehen davon aus, dass es sich um parteipolitische Gegner handelt, 3 Prozent sehen radikale Position dahinter und 2 Prozent eine Linksmotivation.

Umgang mit dem letzten Vorfall

26 Prozent der Betroffenen haben den Vorfall ignoriert. 15 Prozent haben dagegen den Dialog mit dem Täter gesucht, 14 Prozent Unterstützung bei Familie/Freunden und 12 Prozent Unterstützung bei Parteifreunden/Kollegen. Nur 11 Prozent haben den Vorfall zu Anzeige gebracht. Bei einer Betroffenheit von Familienangehörigen sind es allerdings 20 Prozent. 8 Prozent haben die Vorfälle erfasst und gesammelt an Polizei bzw. Justiz weitergegeben und 2 Prozent Unterstützung bei einer Beratungsstelle gesucht. Gründe für das Ignorieren bzw. Nicht-Melden des Vorfalls waren unter anderem, dass die Anfeindung als nicht so schwerwiegend angesehen wurde, aber auch, weil es zu viel Mühe war, die Polizei oder eine Beratungsstelle aufzusuchen oder Unsicherheiten bestanden, ob es sich um eine Straftat handelte.

Strafrechtliche Verfolgung des angezeigten Vorfalls

Bei lediglich 1 Prozent der zuletzt erlebten und angezeigten Vorfälle kam es zu einer Verurteilung des Täters. Bei 15 Prozent der Fälle kam es zu keiner strafrechtlichen Verfolgung. In 24 Prozent der Fälle wurde das Verfahren eingestellt und in 60 Prozent der Fälle ist das Ergebnis ausstehend.

Folgen der Anfeindungen

83 Prozent der Betroffenen gaben an, dass sie im Zuge der Anfeindungen psychische und physische Folgen davontrugen. Dabei standen vor allem Sorgen vor einer Rufschädigung (18 Prozent), Schlafprobleme (14 Prozent), depressive Verstimmung wie Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit (12 Prozent) im Vordergrund. 10 Prozent zogen sich zurück im Sinne von keinem erneuten Antritt bei Neuwahl (10 Prozent). Zudem wurden als konkrete Folgen die Erwägung einer Amts-/Mandatsniederlegung (9 Prozent), Probleme mit und bei der Ausübung der (politischen) Arbeit (8 Prozent), Angst oder Unruhe (7 Prozent), körperliche Beschwerden/Psychosomatische Unruhe (6 Prozent), Erwägung der Abmeldung der Accounts in sozialen Medien (6 Prozent), Konzentrationsschwierigkeiten (5 Prozent), Probleme im engeren sozialen Umfeld (3 Prozent) genannt.

Weitere Informationen finden Sie unter www.motra.info

26.04.2024